Forderung: Mehr Zeit und echte Beteiligung – Kein Behördenalleingang in Corona-Zeiten
Sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrter Herr Senator Rabe,
mit vorsichtiger Erleichterung haben wir Ende letzter Woche der Mitteilung des Behördensprechers P. Albrecht entnommen, dass die Schulbehörde derzeit die Sinnhaftigkeit und Art und Weise der Umsetzung der Reform der APO-AH zum jetzigen Zeitpunkt nochmal prüft. Wir hoffen und erwarten, dass sich die Schulbehörde zum Ziel setzt, allen Beteiligten – und das sind natürlich nicht nur Schul- und Oberstufenleitungen – mehr Zeit zu geben, die zahlreichen Bedenken und Einwände, die gegen den aktuellen Entwurf vorgebracht wurden, aufzunehmen. Wir bauen bei der Erstellung eines neuen Entwurfs auf echte Partizipation aller schulischen Gremien.
Zu der Vorlage, die uns momentan vorliegt, möchten wir, der Elternrat der Ida Ehre Schule, wie folgt Stellung beziehen:
Wir schließen uns ausdrücklich der Stellungnahme der GEST und der VEHG vom 12.04.2021 sowie den beispielhaften Ausführungen des Elternrats der Heinrich-Hertz-Schule an.
Die ersten Vorschläge zur Änderung der Ausbildungs- und Prüfungsordnung zum Erlangen der Allgemeinen Hochschulreife (APO AH) wurden bislang nur den Schulleitungen vorgelegt, allerdings offenbar versehen mit einem, aus unserer Sicht, nicht halt- und umsetzbaren Zeitplan. Es wird Sie nicht verwundern, dass in der Kürze der Zeit noch kein intensiver Austausch innerhalb unserer Schulgemeinschaft hierzu möglich war. Einen solchen halten wir aber für zwingend geboten, zumal wir als Elternvertretung davon ausgehen, dass durch diesen Prozess an allen Schulstandorten zum Teil durchaus unterschiedliche Anforderungen und Konsequenzen zu bedenken sein werden, gegebenenfalls bis hin zu zustimmungspflichtigen Änderungen gemäß §53(4) HmbSG.
Auch der nach unserem Kenntnisstand aktuell favorisierte “Stufenplan” zur Einführung (mehr Mathematik ab SJ 21/22, Änderung Präsentationsleistung ab SJ 22/23, volle Umsetzung ab SJ 23/24) bedarf eines deutlich längeren und transparenteren Vorlaufs – zumal vor dem Hintergrund der erforderlichen und anstehenden Überarbeitung der Curricula/ Rahmenlehrpläne, die direkten Einfluss auf die Gestaltung des Ganztags und den Einsatz der Personal- und Geldmittel an den Schulen haben dürften.
Auf Nachfrage der GEST stellte Herr Köker (B3) in seinem Brief vom 13.03.2021 sowohl die 40 einzubringenden Semesterergebnisse (trotz möglichen Spielraums von 32 bis 40 einzubringenden Ergebnissen) als auch die veränderte Gewichtung und somit Abwertung der Präsentationsleistung als gesetzt und nicht mehr verhandelbar dar. Gleiches gelte für Veränderungen, die auf eine entsprechende länderübergreifende Vorgabe der Kultusministerkonferenz (KMK) zurückzuführen sei. Solche Äußerungen und der aufgebaute Zeitdruck lassen vermuten, dass ein wirkliches Interesse an Stellungnahmen leider nicht besteht, dass Meinungen zwar durchaus geäußert werden dürfen, aber wenig bis keine Aussicht auf Berücksichtigung besteht. Echte Partizipation geht anders, braucht mehr Zeit und vor allem Ergebnisoffenheit!
Wie bisher in Hamburg üblich, bilden auch an der Ida Ehre Schule Profile die Grundlage und inhaltliche Klammer für die Arbeit in einer festen Lerngruppe, mit allen Vorteilen, die das für das soziale Lernen und kollaborative und vor allem fächerübergreifende Lernformate hat. Die bisherige APO AH sieht Profile mit deutlich unterschiedlichen Ausrichtungen vor, die den individuellen Stärken entgegenkommen und den Ausgleich von eventuell vorhandenen Schwächen bewusst ermöglicht. Wir machen uns große Sorgen, dass unter den jetzt vorgeschlagenen Bedingungen der Profilcharakter deutlich geschwächt wird und die Profiloberstufe so zu einer Farce werden könnte.
Eine Kombination solcher Veränderungen mit den aktuellen, und in ihren mittelfristigen Auswirkungen noch gar nicht wirklich absehbaren Konsequenzen aus der Pandemie-Zeit, sehen auch wir ausgesprochen kritisch:
- Wir brauchen mehr Möglichkeiten, um die negativen Konsequenzen von bald eineinhalb Jahren Unterricht unter Pandemiebedingungen einschätzen und angemessen ausgleichen zu können.
- Es gilt Lernrückstände aufzuholen. Diese werden sich auch auf künftige Abschlussjahrgänge auswirken. Dem sollte mit einem Mehr an individueller Förderung begegnet werden statt mit einem Mehr an Stoff und Leistungsanforderung.
- Ohnehin bestehende Bildungsungerechtigkeiten haben sich – darin besteht hoffentlich Einigkeit – unter Pandemiebedingungen weiter verschärft, sodass die oft als Argument für die Änderung der APO AH angeführte “Leistungsgerechtigkeit” nicht mit den jetzt vorgeschlagenen Mitteln erreichbar ist.Wir brauchen deshalb begründete, konsequente Flexibilität, auch und gerade auf Ebene der einzelnen Schulen. Die Bürgerschaft hat zwar, wie es Herr Köker Vereinbarung ausdrückt, mit großer Mehrheit die zur Sicherung des Schulstrukturfriedens verabschiedet, zu der die Änderung der APO AH in Teilen gehört, aber das darf weder den Blick auf drastisch veränderte Umstände verstellen noch diesen Umständen angemessene kurz- und langfristige notwendige Anpassungen verhindern.
Genau diesen gemeinsamen Blick fordern wir:
- Nehmen Sie den Zeitdruck aus dem Prozess zur Änderung der APO AH und nutzen Sie alle Optionen, die trotz Schulstrukturfrieden und KMK-Beschlüssen immer noch bestehen
- Sorgen Sie für multilaterale, transparente und ergebnisoffene Konsultationen
- Nutzen Sie die Expertise der (selbstverwalteten!) Schulen, die die Erfahrungen des Unterrichtens,Lernens, Prüfens in der Covid-19-Zeit haben und einbringen möchten.
Beste Grüße
Elternrat der Ida Ehre Schule